Das perfekte Bewerbungs­anschreiben 2025 - braucht man das noch?

Veröffentlicht am von Irina Mesko

Wie schreibt man eine Bewerbung in 2025. Braucht man ein Bewerbungsanschreiben? Ich sage definitiv: JA! Ein Bewerbungsanschreiben bleibt superwichtig für den Personaler!
Das perfekte Bewerbungsanschreiben 2025

Das klassische Bewerbungsanschreiben - ein Relikt aus der Vergangenheit?

Ist das Anschreiben wirklich überflüssig oder gibt es Situationen, in denen es essenziell ist?

Was? Du erstellst noch Bewerbungsanschreiben? Und das in Zeiten von KI?

Eine durchaus legitime Frage, die mir aber zeigt, dass mein Gegenüber keinen blassen Schimmer davon hat, was textgenerative KI kann und wie eine WIRKLICH gute Bewerbung auszusehen hat.

Der Einsatz von KI ist in vielen Bereichen sinnvoll, aber er muss klug erfolgen.

Wie heißt es so schön: „A fool with a tool is still a fool“.

Eines ist klar: Die Bewerbungslandschaft hat sich verändert. Digitalisierung, Fachkräftemangel und KI-unterstützte Recruiting-Methoden nehmen Einzug. Es gilt, sich anzupassen an die schöne neue Welt.

Muss ich aber auch meine Bewerbung anpassen?

Ein Lebenslauf ist nach wie vor „Standard“, darüber gibt es (noch) wenig zu diskutieren. Beim Bewerbungsanschreiben scheiden sich jedoch die Geister. Es gibt Stimmen, die der Meinung sind, dass das Bewerbungsanschreiben tot sei.

Ich kann sie nicht mehr hören, die Unkenrufe der Gen Z auf Karriere-Plattformen wie LinkedIn: „Ein Motivationsschreiben ist nicht mehr en vogue“, „Jeder Mitarbeiter ist doch motiviert, weshalb dann so ein Schreiben?“, „Wer nicht schreiben kann, ist im Nachteil“, „Der Bewerbungsprozess soll möglichst niedrigschwellig gehalten sein“…

Bla, bla, blub …

Klar, ein Bewerbungsanschreiben macht Arbeit. Sehr viel Arbeit, was in Zeiten der gefeierten Work-Life-Balance auch nicht mehr hip ist. Man geht lieber den bequemen Weg. Ein Lebenslauf reicht. Schnell gemacht, wie die Instant-Nudeln vom Chinesen um die Ecke.

Wie oft bekomme ich als Personalerin Bewerbungsunterlagen auf den Tisch, denen ich innerhalb von Sekunden ansehe, dass der Bewerber sich weder Gedanken noch Mühe gemacht hat.

Und regelmäßig geht mein Puls dabei in die Höhe, bei so viel auf Papier gedruckter Lieblosigkeit und Belanglosigkeit!

Dann muss der Bewerber auch damit rechnen, dass ich seine Unterlagen innerhalb von Sekunden in den Papierkorb befördere.

Ganz ohne schlechtes Gewissen.

Und dann fragt man sich mit großem Erstaunen und noch größeren Augen auf Jobplattformen, weshalb es einfach nicht mit der Bewerbung klappen will.

Die Gründe sind wie immer mannigfaltig. Es ist so ziemlich ALLES und JEDER daran schuld, nur nicht man selbst.

Von Selbstreflexion keine Spur.

  • Die Personaler sind unfähig (klar, schuld sind immer nur die anderen).
  • Die Einstellprozesse sind veraltet (klar, an einem selbst kann es natürlich nicht liegen). Schließlich habe ich 30 Minuten meiner wertvollen Zeit für eine Bewerbung investiert, statt Netflix zu gucken.
  • Den Fachkräftemangel gibt es nicht! Alles hausgemacht! Die Unternehmen tragen die volle Verantwortung, weil sie „unter-aller-Sau-Bewerbungen“ einfach nicht berücksichtigen.

Äh!? Ja.

Das Bewerbungsanschreiben ist nicht tot. Ein Bewerbungsanschreiben ist wichtiger denn je! In einer Welt, in der man alles sein kann, seid engagiert und geht die Extrameile für den Erfolg!

Ich benötige Stunden für ein gutes Anschreiben!

Essenzielles auf einer DIN-A4-Seite darzustellen, ist nicht einfach. Lang kann jeder. Aber in der Kürze liegt die Würze.

Die Recherche zu einem wirklich guten Bewerbungsanschreiben ist umfangreich. Denn man kann nur Gutes schreiben, wenn man sich mit der Materie auseinandergesetzt hat. Sonst bleibt es an der Oberfläche und ist überladen mit Standards wie: „Ich suche eine neue Herausforderung“. Ach ja?

Ich kann aus einem Bewerbungsanschreiben vieles erkennen, wie:

  • Hat sich der Bewerber Mühe gegeben?
  • Kann der Bewerber fünf einigermaßen gerade Sätze schreiben? (Ich erwarte keine Perfektion, aber ein Grundmaß an Stil und Rechtschreibung ist doch nicht zu viel verlangt, oder?
  • Hat sich der Bewerber mit dem Unternehmen auseinandergesetzt?
  • Hat sich der Bewerber mit sich und der Stelle auseinandergesetzt?

Und wenn der Bewerber all das getan hat, dann wird er auch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Gespräch eingeladen.

So einfach ist das!

Warum das Bewerbungsanschreiben an Bedeutung verliert

Für Unternehmen ist es nicht leicht, die passenden Kandidaten zu finden. Manche Branchen spüren den sogenannten Fachkräftemangel besonders stark, insbesondere das Gesundheitswesen und das Handwerk. Aber auch im Bereich IT und Technologie wächst der Bedarf nach Spezialisten exponentiell.

Was tun? Richtig. Man gestaltet den Bewerbungsprozess so unkompliziert wie möglich. „One-Click-Bewerbungen“ mit Fokus auf Hard Skills statt Motivationsschreiben.

McDonald’s arbeitet mit der „Snaplication“, einer sekundenschnellen Bewerbung über Snapchat, um insbesondere jüngere Bewerber anzusprechen.

 

Wann ein Bewerbungsanschreiben trotzdem unverzichtbar ist

Insbesondere bei kreativen Berufen ist ein Anschreiben wichtig und gehört zum Standard, da es nicht nur die Möglichkeit birgt, Persönlichkeit und Stil zu transportieren, sondern auch zeigt, ob der Bewerber in der Lage ist, Aussagen auf den Punkt zu bringen, ohne sich dabei zu verzetteln.

Wenn ich einen Marketer suche und das Bewerbungsanschreiben stilistisch unter aller Kanone ist, Phrasen am laufenden Band gedroschen werden und auch den ein oder anderen Rechtschreibfehler birgt, dann wird das nichts! Und das ist, mag man es glauben oder nicht, sehr oft der Fall!

Bei Initiativbewerbungen ist ein Bewerbungsanschreiben unerlässlich!

Ein nackter Lebenslauf kann mit seinen Stationen und Aufgaben in Stichpunkten nicht transportieren, weshalb ich mich gerade bei diesem Unternehmen bewerben möchte.

Das schläfert mich höchstens ein.

No chance! Never ever! No way!

 

Das Gleiche gilt bei Lücken im Lebenslauf oder bei Quereinsteigern. Eine Lücke ist halb so wild, muss aber erklärt werden. Hier bildet das Bewerbungsanschreiben eine gute Möglichkeit.

Bei Quereinsteigern ohne Bewerbungsanschreiben ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sowohl eine KI als auch der Personaler von nebenan den Kandidaten aussortiert, bevor dieser auch nur den Hauch einer Chance hat.

Und warum? Weil ein Lebenslauf alleine nicht aufzeigt, weshalb man trotz möglicher fehlender Hard Skills dennoch der Richtige für das Unternehmen ist. Ein gutes! Bewerbungsanschreiben kann das!

  • Ein Lebenslauf transportiert keine Emotionen!
  • Ein Lebenslauf zeigt nicht, wie man es macht, sondern nur was man macht! Und das „Wie“ ist nun mal entscheidend und trennt die Spreu vom Weizen.
  • Ein Lebenslauf erzählt keine Geschichte! Wir alle wollen Geschichten hören! Geschichten konvertieren!

Storytelling ist das A und O, wenn es ums Verkaufen geht. Nicht nur beim Verkauf einer Luxus-Bag, die auch Lady Gaga trägt – woohoo –, sondern auch bei Menschen und deren Potenzial!

Und last but not least ist das Bewerbungsanschreiben vor allem bei konservativen Branchen nach wie vor state of  the art. Und daran wird sich so schnell sicher auch nichts ändern.

Das perfekte Bewerbungsanschreiben 2025: Was wirklich zählt

Kurz und prägnant

Ein Bewerbungsanschreiben sollte zwischen 300 und 400 Wörter lang sein. Also nicht länger als eine DIN-A4-Seite.

Ich bekomme Anschreiben, die mehrere Seiten lang sind. Bei 100 Bewerbungen, die es zu sichten gilt, dauert das Lesen zu lange. In der Regel sind das aber auch Anschreiben, die nicht gut sind. Zu ausschweifend und nicht auf den Punkt gebracht, mit vielen Informationen, die keine wirkliche Relevanz zur gesuchten Stelle haben.

Individuell und authentisch

„Mit großer Freude habe ich auf Stepstone Ihre Anzeige gelesen. Hiermit bewerbe ich mich …“ Wenn ich diese Einleitung bei einem Bewerbungsanschreiben lese, lege ich die Bewerbung zur Seite und zähle bis 10. Manchmal versuche ich es ein zweites Mal anzusetzen, manchmal lass ich es aber auch sein.

Also bitte, bitte keine Floskeln und Phrasen dreschen!

Wenn es um das Erstellen der Bewerbungsunterlagen geht, frage ich meine Kunden in der Regel, warum sie wechseln wollen. Und ratet mal, welche Antwort ich zu 99 % bekomme?

Sie suchen nach einer neuen Herausforderung.

Ähm, ja klar!

Das ist natürlich nicht die Antwort, die ich mir erhoffe. Ich wünsche mir Antworten, die mehr aussagen. Antworten, mit denen ich sinnvoll arbeiten kann, die in die Tiefe gehen und ja – eine Geschichte erzählen.

Es kommt dabei aber auch auf die Position an. Ein Handwerker muss nicht zwingend die Spielregeln einer guten Bewerbung kennen, ein „Manager“ jedoch schon.

Storytelling statt Standardsätze

Was lehrt uns das 1 x 1 des Copywritings? Man verkauft keine Waschmaschinen, sondern man verkauft Gefühle.

Und wie transportiert man Gefühle am besten? Durch Geschichten.

Menschen wollten Geschichten hören. Personaler wollen etwas erzählt bekommen, das im Gedächtnis bleibt. Wir sind alle Menschen und freuen uns mehr über einen kleinen Schwank des Bewerbers als über irgendwelche Effizienzsteigerungen.

Der Aufbau einer Geschichte hat sich über die Jahre hinweg nicht wesentlich geändert. Jeder Helden-Epos gleicht sich strukturell. Einleitung, Hauptteil, Schluss.

Und genau SO sollte auch das Bewerbungsanschreiben gegliedert sein.

 

Die Einleitung des Bewerbungsanschreibens

Die Einleitung des Anschreibens sollte eine Art Pitch für sich selbst sein. Ein bunter Werbeflyer. Unbeschreiblich und unvergesslich.

Gerne ein paar knackige Sätze über das Unternehmen. Bitte nicht 0815. Recherchiert auf Social Media. Instagram und LinkedIn sind dafür die perfekten Spielwiesen. Lest Presseberichte der Unternehmen und schaut euch Karriere-Reels an.

Wer das nicht macht, verkackt es von Anfang an.

Dann die wesentlichen Informationen zu eurer Person. Der Personaler sollte in 1-2 Sätzen sehen können, dass man die erforderlichen Hard- und Softskills mitbringt.

 

Der Hauptteil des Bewerbungsanschreibens

Die Hard-Facts: Hier geht man in der Regel beginnend auf die aktuelle Position ein. Erzählt, was ihr dort macht und vor allem WIE ihr es macht. Also nicht nur einfach schreiben, dass man Präsentationsskills hat, sondern erzählen, in welchem Rahmen man diese Fähigkeiten angewendet hat. WIE macht ihr es?

Nutzt gerne auch ein ähnliches oder das gleiche Wording wie in der Stellenanzeige. Ein Personaler möchte nicht lange interpretieren oder googeln müssen, um zu erkennen, dass der Bewerber das kann, was man sucht.

Macht euch dabei immer klar: Das Unternehmen hat ein Problem (sonst würde es die Stelle nicht ausschreiben) und ihr müsst zeigen, dass dieses Problem mit eurem Wissen und euren Fähigkeiten zu lösen ist.

Erzählt ausschließlich über Aufgaben und Geschichten, die Relevanz zur gesuchten Position haben.

Bitte nutzt keine Abkürzungen. Das macht mich ganz kirre! Versetzt euch in den Personaler! Dieser weiß nicht, was SBKO oder MdkG heißt.

NIEMAND weiß das!

Recherchiert, geht in die Tiefe, erzählt Geschichten …

 

Die Soft-Skills: Der Hauptteil des Bewerbungsanschreibens gliedert sich in Hard- und Softskills. Die Darstellung der Softskills ist in der Regel weniger umfangreich, korreliert aber dennoch immer mit der Position. Auch hier gilt: Schreibt nicht nur „Ich bin teamfähig und stressresistent“, sondern zeigt, wie das in der Praxis aussieht.

 

Der Schluss des Bewerbungsanschreibens

Hier ist dann doch der ein oder andere Standardsatz unvermeidlich. Wenn in der Ausschreibung ein Gehaltswunsch angegeben ist, geht darauf ein, aber mit dem Zusatz, dass dieser „verhandelbar“ ist.

Wenn ihr aktuell in einer Beschäftigung seid, informiert auch, ab wann ihr zur Verfügung steht. Entweder der Zeitpunkt oder die Kündigungsfrist.

Auch bitte keinen Konjunktiv nutzen wie „Über eine Einladung würde ich mich freuen …“.

 

Fazit: Ein Bewerbungsanschreiben, ja oder nein?

Ein Bewerbungsanschreiben ist immer gut und birgt sehr viele Vorteile – außer in der Ausschreibung wird explizit gewünscht, sich ohne Bewerbungsanschreiben zu bewerben.

Geht die Extrameile mit einem guten Bewerbungsanschreiben.

Dann klappt es auch mit dem Traumjob!